12Amerika Haus e. V. NRW, Deutsch-Amerikanische Gesellschaft Siegerland-Wittgenstein e.V. (DAG-SiWi) und die Sparkassen Siegen und Wittgenstein bringen Jazz- und Souldiva nach Siegen für ein Gratiskonzert
Jocelyn B. Smith, in New York geborene spartenübergreifende Ausnahmesängerin, gastierte am Samstag, 30. Mai, gemeinsam mit ihrer Band in der Bismarckhalle in Siegen-Weidenau. Das Konzert unter dem Motto „Es ist noch lange nicht aller Tage Abend! – It ain’t over till the fat lady sings!” wurde veranstaltet in einer Kooperation des Amerika Hauses e.V. NRW (Köln) mit der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Siegerland-Wittgenstein e. V. (DAG-SiWi) und der Sparkasse Siegen sowie der Sparkasse Wittgenstein. Die Idee, ein solches Konzert zu freiem Eintritt in Siegen auf die Bühne zu bringen, nahm erstmalig im November letzten Jahres in einem Gespräch mit der Vize-Direktorin Frau Herrmanns vom Amerika-Haus während des Thanksgiving-Dinners in der Siegener „Pfeffermühle“ Gestalt an.
Adäquat gestaltet präsentiert sich bereits die Bühne in der Bismarckhalle mit Flaggen der USA und Deutschland, sowie den Bannern des Amerika-Hauses und der DAG-SiWi in stimmungsvollem Licht. Nach einer Begrüßung des Publikums durch die Direktorin des Amerika Hauses, Wiltrud Hammelstein, und Volker Schüttenhelm, Geschäftsführer der DAG-SiWi, heißt es dann „Bühne frei“ für Jocelyn B. Smith und ihre Band, bestehend aus den Vollblutmusikern Bene Aperdannier (Keyboards), Christian Tschuggnall (Schlagzeug), Markus Runzheimer (Bass), Kai Brückner (Gitarre) und Volker Schlott (Saxophon, Querflöte). Nahbar in ihren Gesten und elegant in ihrer Erscheinung mit einem Long-Blazer mit dem aufgedruckten Antlitz einer geheimnisvollen, geschmückten Schönheit (Ist es Filmdiva Asta Nielsen als geheimnisvolle Doppelagentin Mata Hari? Oder gar das Konterfei einer indischen Gottheit?) zeigt sich Jocelyn B. Smith auf der Bühne. Seit 30 Jahren lebt die Soul-Sängerin mittlerweile in Deutschland. Berlin, wo sie in den 1980ern mit den progressiven Elektro-Klangpionieren von Tangerine Dream ihre ersten Kooperationen mit deutschen Musikern realisierte, ist ihre Wahlheimat geworden. Hier wurden ihre Kinder geboren. Noch immer sucht sie die künstlerische, aber auch die charitative Herausforderung. Erstmals in ihrer langen Karriere singt die US-Amerikanerin jetzt auf Deutsch. Herbert Grönemeyers Lied „Ein Stück vom Himmel“ ist ihr inhaltlich zum Credo geworden – es geht ihr um Verantwortung, Gemeinsamkeit, praktizierten Glauben und Toleranz. Durch Jocelyn B. Smith bekommt das Stück eindringliche Zutaten aus R&B, Soul und Gospel. Vielen im Publikum jagt die Kombination aus engagiertem Text, kraftvoller Stimme und exzellenter Bandbegleitung wohlige Schauer über den Rücken.
Dem im vergangenen Jahr verstorbenen Udo Jürgens erweist sie, sich selbst am Klavier begleitend, auf ihre Art ihre Reverenz mit dem Lied „If I Never Sing Another Song“, welches der angesagte Jazz-Youngster Jamie Cullum 2014 anlässlich Udos 80. Geburtstag in der ZDF-Show „Udo Jürgens – Mitten im Leben“ interpretierte.
Den sozialen und kulturellen Facetten Afrikas, dem dunklen, immer wieder durch Seuchen, Hungernöte und Machtmissbrauch geschundenen Kontinent, gilt ihre besondere Aufmerksamkeit. Bereits in ihre erfolgreiche deutsche Version des Titelsongs aus dem Disney-Film „Der König der Löwen“ ließ sie afrikanische Gestaltungselemente einfließen. Gemeinsam mit dem auch in der Bismarckhalle auf der Bühne stehenden Saxophonisten Volker Schlott besuchte sie das südafrikanische Lesotho, wo die Zahl der Aidskranken einschließlich vieler mit dem HIV-Virus infizierter Kinder, erschreckende Ausmaße angenommen hat. Hier arbeiteten die beiden Musiker an musikpädagogischen Angeboten für Schulkinder. Das Anliegen der empathischen Künstlerin, sich für Afrika zu engagieren, wurde durch einen Besuch in Somalia verstärkt. Die Erfahrung, weder fließendes Wasser noch Strom zur Verfügung zu haben, ließ sie und ihre sie begleitende Tochter mit größerer Dankbarkeit für unseren so selbstverständlich hingenommenen Lebensstandard nach Deutschland zurückkehren. Ihr „Somalia Song“ kündet von ihren Erlebnissen. „Matla A Ka Ho Nna (The Power Is In Me)”, ein afrikanisches Lied, singt sie gar gemeinsam mit dem Publikum, das schon von Beginn an durch fingerschnippende Bandmitglieder zum Mitmachen und Mitsingen aufgefordert wurde. Lange hält es niemanden der 450 Besucherinnen und Besucher auf den kostenlos ergatterten Plätzen. Ein solches Wippen, Wiegen, Tanzen und Singen hat die ehrwürdige Bismarckhalle vermutlich lange nicht mehr gesehen. Der zu Herzen gehende Titel „Meine Liebe trägt mich“ ist speziell dem Berliner Kinderhospiz „Sonnenhof“ gewidmet. Jocelyn B. Smith glaubt daran, etwas in der Gesellschaft bewegen zu können. Ihr Charisma und ihre unglaubliche Stimme lassen daran keinen Zweifel.
Eine besondere Einlage bietet der heimische Chor „Divertimento“ unter der Leitung von Michael Sauerwald mit der faszinierenden Interpretation des Radiohits „Come Along“ (im Original von Tituyo gesungen). Das fein aufeinander abgestimmte stimmliche Crescendo begeistert gleichermaßen das Publikum vor und Jocelyn B. Smith auf der Bühne. Die Künstlerin hält es hinterher auch nicht mehr in ihrer erhöhten Position, sondern sie mischt sich ganz selbstverständlich unter die Sängerinnen und Sänger des Chores, mit denen sie am Vormittag einen gemeinsamen Workshop absolvierte, und stimmt zur Freude des Publikums mit vokalen Gospel-Elementen mit ein.
Zum Schluss zieht sie ihre Schuhe aus, lässt sie auf der Bühne stehen, und singt zusammen mit dem gesamten Publikum „Amazing Grace“, jenen unsterblichen Spiritual, der in Deutschland auch unter dem Titel „Ein schöner Tag“ bekannt wurde. Ein wunderschöner Abend, der lange im Gedächtnis aller, die dabei waren, nachhallen dürfte, geht zu Ende. „Phenomenal Woman“ heißt eines ihrer früheren Alben. Dies gilt heute mehr denn je für sie, deren Stimme über vier Oktaven reicht.
„Senkt die Fahnen vor ihr, denn sie ist unerreicht und niemand kann sich mit ihr vergleichen“ würdigte der Filmhistoriker Béla Bálazs einst die darstellerischen Leistungen der Stummfilm-Ikone Asta Nielsen, deren Abbildung wir auf Jocelyns Blazer-Rücken vermuten. In Bezug auf das an diesem unvergesslichen Abend erlebte Konzert möchte man diesen Ausspruch 1:1 auf Jocelyn B. Smith übertragen.
Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass dieses Event der Musik und kulturellen Völkerverständigung ohne das großzügige Engagement des Amerika Hauses e.V. NRW, der DAG-SiWi e.V. und der Sparkassen Siegen und Wittgenstein nicht möglich gewesen wäre.
Update
Der Eventbericht des Amerikahauses NRW ist nun online und hier für Sie verlinkt.
Bildergallerie (Fotos von Guido Kettner)
Download des Zeitungsartikels
SZ 1 Juni 2015 Jocelyn B. Smith DAG